Amerikas Meister der Selbstinszenierung: Ernest Hemingway

Ernest Hemingway verstand das Spiel mit den Medien wie kaum ein Zweiter zu seiner Zeit und wusste sich stets geschickt zu inszenieren: als Draufgänger und Macho, als Weltenbummler und Kosmopolit. Der Literaturnobelpreisträger von 1954 hat in Italien, Kanada, Paris, Key West und in Havanna ein wildes Leben gelebt. Als Reporter war er im Spanischen Bürgerkrieg, in Afrika nahm er an tollkühnen Safaris und abenteuerlichen Großwildjagden teil und hat so kräftig an der eigenen Image- und Legendenbildung mitgestrickt. Auf der anderen Seite gilt aber auch: Er litt an Depressionen und anderen psychischen Krankheiten. Heute vor 60 Jahren, am 2. Juli 1961 hat er seinem Leben selbst ein Ende gesetzt.

Hemingways Helden sind stets Antihelden, irgendwo Gestrandete der Lost Generation: gebrochen, entwurzelt, desillusioniert, sie sind einsam, aufrichtig und leidensfähig.

Der Literaturwissenschaftler Carl Eby weist auf die Diskrepeanz zwischen Hemingways Rollenspiel mit der Weltöffentlichkeit und als Privatperson hin. “Die Legende entsprach nicht komplett dem, wer er war. Aber sie entsprach der einen Hälfte seiner Persönlichkeit: seinem Machismo.” Hemingway-Biograf Wolfgang Stock charakterisiert ihn als „das Gegenteil des Dichters im Elfenbeinturm. Er konnte messerscharf beobachten und das wie ein Chirurg zu Papier bringen. In der damaligen Zeit war er ein Revolutionär.“

Carl Eby beschreibt seinen Stil so: “Wenn man genau hinsieht, findet man Elemente von amerikanischen Schriftstellern des 19. Jahrhunderts wie Stephen Crane und Mark Twain, von französischen Romantikern wie Maupassant und Flaubert und von russischen Klassikern wie Turgenjew, Dostojewski und Tolstoi. Von ihnen hat sich Hemingway einiges abgeguckt, aber auch von Modernisten wie James Joyce und Sherwood Anderson. Ihren Stil hat er studiert, analysiert und dann genommen, was ihm gefiel und alles quasi in einen Mixer gesteckt. Herausgekommen ist dann sein eigener, unverwechselbarer Stil.“

Seine Romane Fiesta, In einem anderen Land und Wem die Stunde schlägt werden Weltbestseller, die 1930er- und 1940er-Jahre sind seine beste Zeit. Er erlangt den Prominentenstatus eines Popstars.

1952 gelingt ihm mit Der alte Mann und das Meer sein letzter großer literarischer Wurf. Es ist die Novelle über den kubanischen Fischer Santiago und einen riesigen Speerfisch, den er schließlich mit allerletzter Kraft erlegt. Als er zwei Jahre später den Literaturnobelpreis erhält, ist er bereits aufgrund seines exzessiven Lebensstils bereits ein körperliches und seelisches Wrack.

Seine pessimistische Lebensphilosphie legt er bereits 1929 seiner Romanfigur Frederic in dem Mund in In einem anderen Land: „Das Leben zerbricht jeden. Die Tapferen, die sich weigern zu zerbrechen, tötet es. Am Ende schafft dich das Leben.”

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