Erst posthum wird er zu dem, der er heute ist: der Dichter Joachim Ringelnatz

Wenn es so etwas wie den unumstrittenen Spaßvogel unter den deutschen Lyrikern gäbe, führte kein Weg an Joachim Ringelnatz vorbei. In seinen Gedichten mischt sich Skurriles mit Geistreichem, Expressionistisches mit Witzigem. Doch sein Leben war eher knüppelhart als lustig, er wurde gerade mal 51 Jahre alt und starb bettelarm.

Geboren wird Joachim Ringelnatz 1883 in einem Dorf bei Leipzig, sein Vater war künstlerisch tätiger Akademiker, der mit vielen geistigen Größen seiner Zeit wie Gustav Freytag, C. F. Meyer und Wilhelm Raabe in regelmäßigem Kontakt stand.

In der Schule wird er Hans Gustav Bötticher, wie er Ringelnatz mit bürgerlichem Namen heißt, wegen seiner langen Nase und seines vorspringenden Kinns von seinen Mitschülern gehänselt. Als er sich tätowieren lässt, fliegt er vom Gymnasium, weil so etwas damals überhaupt nicht ging. Sein Traum ist es, Seemann zu werden.

Er heuert immer wieder als Leichtmatrose an, doch die Realität fällt ziemlich ernüchternd aus. Schließlich hängt er diesen Job an den Nagel und versucht sich ab 1909 in München als Kabarettist. Nicht ohne Erfolg, beim Publikum kommt der schlagfertige Sachse gut an, die Gage ist spärlich, doch im Umfeld der Künstlerkneipe Simplicissimus lernt er Promis wie Frank Wedekind und Max Reinhardt kennen und schaut manches von ihnen ab. Immerhin kann er 1910 seine ersten drei Bücher veröffentlichen, viel verdient er damit nicht.

1919 veröffentlicht er erstmals unter dem Pseudonym Joachim Ringelnatz, 1920 heiratet er die 15 Jahre jüngere Lehrerin Leonharda Pieper, die beiden führen ein bescheidenes Dasein in einer Münchner Mietwohnung bis zu ihrem Umzug nach Berlin 1930. Dort etabliert er sich schnell sich in der Berliner Kabarettszene und lernt Kurt Tucholski und Otto Dix kennen, 1932 geht er mit seinem Stück “Die Flasche” auf Tournee quer durch Deutschland.

1933 erteilen die Nationalsozialisten Ringelnatz Auftrittsverbote in Hamburg und München, in Dresden wird er sogar von der Bühne geholt. Die meisten seiner Bücher werden beschlagnahmt oder verbrannt. Aller Perspektiven beraubt erkrankt er an TB und stirbt ein Jahr später im Alter von 51 Jahren daran, seine Frau überlebt ihn um 43 Jahre.

So richtig geht sein Stern als begnadeter Lyriker erst posthum auf. Nach 1945 erfährt sein Werk die Anerkennung, die es verdient. Arrivierte Schauspieler wie Otto Sander touren erfolgreich mit Ringelnatz-Programmen durch den deutschen Sprachraum. In Cuxhaven, wo er ein paar Monate gelebt hat, wird das Ringenatz-Museum eröffnet, das bis heute besucht werden kann. 1985 druckt die Bundespost eine Ringelnatz-Briefmarke, seine Texte finden Eingang bis in die Schulbücher, in vielen Städten werden Straßen nach ihm benannt. Heute ist seine pfiffige Lyrik überall anerkannt.

Das Joachim-Ringelnatz-Museum in Cuxhaven

Briefmarke 1985

 

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