Nun hat der inzwischen 80-jährige Autor, emeritierter Germanistik-Professor aus dem italienischen Triest, mit “Schnappschüsse” ein Buch mit literarisch-essayistischen Momentaufnahmen in der Tradition der Kaffeehausliteratur veröffentlicht: kleine literarische Juwelen, die es in sich haben und verdienen, auch von jungen Menschen gelesen zu werden.
In seinen insgesamt 50 literarischen Schnappschüssen kommt das gesamte Spektrum menschlichen Seins und Handelns zur Sprache. Lächerliches paart sich mit Verrücktem, Edelmütiges steht neben Niederträchtigem, Haarsträubendes erscheint zwischen Merkwürdigem und Staunenswertem, stets scheinbar beiläufig erzählt, nie wird es flach, immer schwingt in diesen herrlichen Stories dezent und gekonnt eine bemerkenswerte Tiefenschärfe mit. Ein Lesevergnügen aus der Feder eines Könners, das man sich einfach einmal gönnen sollte.
Da ist die Geschichte von einem älteren Badegast am Meer, der beim Sonnenbaden beobachtet, wie ein paar Jungs und Mädels am Strand sich necken, über die Stränge schlagen und dann von einem anderen Badenden eindrucksvoll in die Schranken gewiesen werden, der sich beim Auftauchen seiner Gattin aber als Pantoffelheld entpuppt.
Oder die Story von den Reisenden, deren Zug bei Eis und Schnee stehenbleibt, bei denen der akute Frust anschwillt und sich schließlich in handfeste Rebellion verwandelt.
Wohl am schönsten und letztlich auch am tiefsinnigsten ist freilich “Selfie”, die letzte dieser 50 literarischen Momentaufnahmen, in der sich der Ich-Erzähler auf herbe Weise selbst versteigt und auf die Schippe nimmt, als Mensch im ständigen Hin und Her zwischen Gut und Böse zeigt und damit deutlich macht, dass er trotz seiner vielen Lebensjahre mit denselben Absurditäten und Ambivalenzen zu kämpfen hat wie alle anderen, die in diesem köstlichen Buch vorkommen.
Also, unbedingt lesen! Sich erst voll amüsieren und dann vielleicht das Nachdenken über sich selbst anfangen!