Klein, aber fein: die Novelle im 19. und 20. Jahrhundert

Die Novelle als literarische Gattung ist so etwas wie die kleine Schwester des Romans, also eine etwas kürzere Erzählung in Prosa. Ihr Aufstieg beginnt Anfang des 19. Jahrhunderts, inzwischen haben sich viele Autoren dieses kompakten Genres meisterhaft bedient:

Bereits 1810 eröffnet Kleists Michael Kohlhaas den Reigen, 1818 erscheint Eichendorffs Novelle Das Marmorbild, bald darauf legt er mit Aus dem Leben eines Taugenichts nach. Dass Gottfried Keller nicht nur das Genre Roman beherrscht, sondern auch die Novelle im Repertoire hat, zeigt er mit Romeo und Juli auf dem Dorfe und Kleider machen Leute.

Eine Blütezeit erlebt die Gattung dann Ende der 19. Jahrhunderts mit Fontanes Unterm Birnbaum, Hauptmanns Bahnwärter Thiel und Storms Schimmelreiter, die alle zwischen 1885 und 1888 erscheinen und große Erfolge werden.

Schnitzlers Leutnant Gustl und Thomas Manns Tod in Venedig schließen im frühen 20. Jahrhundert an die Tradition an. Später bei Schnitzlers Traumnovelle und Stefan Zweigs Schachnovelle enthalten die titelgebenden Komposita jeweils sogar die Genrebezeichnung. Beide setzen bewusst auf die Novelle als zeitgemäße Darstellungsform.

Auch Martin Walser, der zuvor eher für epische Breite bekannt war, überrascht Ende der 1970er-Jahre mit der großartigen Novelle Ein fliehendes Pferd und wird dafür sogar von Reich-Ranicki gelobt. Das Buch wird später von Regisseur Rainer Kaufmann hervorragend und erfolgreich verfilmt.

Selbst Patrick Süskind mit Die Taube und Uwe Timm mit Die Entdeckung der Currywurst hängen sich an diesen Trend an und bescheren der Novelle in der 1990er-Jahren noch einmal eine umsatzträchtige Renaissance.

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