Für eine neue Diskussionskultur: Gefühle ersetzen keine Argumente

Gefühle und gefühlte Meinungen nehmen in den Debatten hierzulande immer mehr Raum ein, sagt Professor Markus Ziener. Wer jedoch nur emotional argumentiere, grenze unbequeme Standpunkte aus, für einen gesunden und fairen Diskurs sei dies fatal:

“Ich reagiere allergisch auf den moralischen Zeigefinger. Ich mag es nicht, wenn man mir ex cathedra sagt, was richtig und was falsch ist. Und mir gefällt schon gar nicht, wenn das logische Argument durch Haltung oder Gefühl ersetzt wird. Ich will verstehen, warum etwas so oder anders ist und will dann selbst meine Schlüsse daraus ziehen,” so Ziener weiter.

Gefühle seien subjektiv und ließen sich nicht überprüfen, sie entziehen sich der Logik und jeder Nachweisbarkeit. Wer argumentativ auf dieser Ebene bleibe, setze jedes Gegenargument sogleich mit einem Angriff auf seine Person gleich. Und da werde es gefährlich.

Nicht jeder, der Elektromobiliät nicht für die Ultima Ratio gegen den Klimawandel halte, sei ein Klimaleugner, argumentiert Ziener, und nicht jeder, der den Mietendeckel in Berlin ablehne, sei ein Freund von Miethaien. “Und auch nicht jeder, der mit dem Gendern ein Problem hat, ist deshalb ein reaktionärer Fortschrittsverweigerer. Als gäbe es nur noch schwarz oder weiß, werden die Teilnehmer in einer Debatte in Schubladen gesteckt.”

Für den gesellschaftlichen Diskurs und das Ringen um die beste Lösung hält er diese Entwicklung für sehr bedenklich. “Die besten Ideen und Entwicklungsstrategien werden geboren, wenn ohne Angst, das Falsche zu sagen, diskutiert wird.” Gibt es dennoch rote Linie und Grenzen des Sagbaren? Selbstverständlich gebe es die. Sie stehen im Grundgesetz an prominenter Stelle, in Artikel 1 gleich im ersten Satz. Dort heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Mehr als diese sechs Worte brauche es aus Zieners Sicht nicht, um zu wissen, was gehe und was nicht.

Porträt von Markus Ziener (Privat)

Markus Ziener   

Fotos: Alvesgaspar, privat

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