jgs-Literaturtipps für Leute mit einem erlesenen Geschmack: “Birthday Party”

“Birthday Party” ist Harold Pinters frühes Meisterwerk, es enthält alles, was die Kunst des Literaturnobelpreisträgers von 2005 ausmacht: eine ausgeklügelte Dramaturgie mit semantischen Leerstellen, eine geheimnisvolle Atmosphäre in einem maritimen Setting, und es geht um Macht und Ohnmacht und um das Spannungsfeld Individuum versus Gesellschaft.

Stanley, der Protagonist, haust in einer etwas heruntergekommenen Pension am Meer, die von Meg und Petey geführt wird. Vieles um ihn bleibt rätselhaft, man erfährt wenig über diesen Langzeitgast, einmal erzählt er, dass er ein Konzert gegeben habe, zu dem keiner gekommen sei.

Dann platzen plötzlich Goldberg und McCann, zwei brutale Eindringliche, in die Idylle und stellen alles auf den Kopf.

Sie unterziehen Stanley einem absurden Verhör und führen ihn auf seiner eigenen Geburtstagsparty vor. Niemand hat den beiden etwas entgegenzusetzen, am Schluss nehmen sie einen widerstandlos gewordenen Stanley mit und verschwinden.

Petey und Meg bleiben ratlos zurück.

“Birthday Party” ist ein Theaterstück mit klar erkennbaren absurden Elementen, für das der englische Kritiker Martin Esslin den Begriff “theatre of the absurd” fand oder das oft als “comedy of menace” in der Sekundärliteratur bezeichnet wird. Das Stück wirft in der Tat mehr Fragen auf, als es beantworten will:

Warum setzen Goldberg und McCann Stanley so zu?

Wieso wehrt Stanley sich kaum?

Warum hilft ihm niemand?

Für wen oder was stehen die beiden Eindringliche? Sind es Funktionäre, die im Auftrag einer Organisation arbeiten, Agenten oder ganz gewöhnliche Kriminelle?

All diese Fragen und manch andere lässt Pinter offen. Er enthält dem Zuschauer just jene Informationen vor, auf die dieser eigentlich wartet. So entstehen Leerstellen, die der Betrachter selbst ausfüllen kann und muss. Anders ausgedrückt: “Ambiguity is part of its value.” So isses!

 

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