Literarische Spurensuche in Heidelberg

Foto: Miholz


Kaum eine deutsche Stadt spielt eine so große Rolle in der Literatur wie Heidelberg. Der Bogen spannt sich von Altmeister Goethe über die Hochzeit der Unistadt am Neckar in der Romantik bis zum Weltbestseller
Der Vorleser von Bernhard Schlink. Heute gehen wir in Heidelberg auf literarische Spurensuche:

Goethe macht wie so oft den Auftakt mit einem Gedicht, das er als Gast bei den Brüdern Boisserie in deren Palais am Karlsplatz schreibt und in dem Heidelberger Schloss als Motiv vorkommt.

Das Palais Boisserie am Heidelberger Karlsplatz

Foto: Arne Kunstmann

Clemens Brentano, Jean Paul und Heinrich Heine zeigen sich ebenfalls angetan vom Flair dieser Stadt. Brentano setzt ihr in seinem Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg ein kleines literarisches Denkmal:

Der Neckar rauscht aus grünen Hallen
Und giebt am Fels ein freudig Schallen,
Die Stadt streckt sich den Fluß hinunter,
Mit viel Geräusch und lärmt ganz munter,
Und drüber an grüner Berge Brust,
Ruht groß das Schloß und sieht die Lust,
Und da ich auf zum Himmel schaut’,
Sah ich ein Gottes Werk gebaut,
Vom Königstuhl zum heil’gen Berges Rücken.

Das Heidelberger Schloss Gemälde von Carl Rottmann von 1815

Auch Jean Paul zeigt begeistert von der besonderen Atmosphäre. „Ich habe hier Stunden erlebt, wie ich sie unter dem schönsten Himmel meines Lebens gefunden, besonders die Wasserfahrt, das Studentenvivat, und gestrige Gesänge (…) Der gesellige Ton ist hier Leichtigkeit, Anstand und Freude.”

Der Schweizer Gottfried Keller studiert von 1848 bis 1850 hier. Ihm hat es vor allem die alte Neckarbrücke angetan:

Schöne Brücke, hast mich oft getragen,
Wenn mein Herz erwartungsvoll geschlagen
Und mit dir den Strom ich überschritt.
Und mich dünkte, deine stolzen Bogen
Sind in kühnerm Schwunge mitgezogen
Und sie fühlten meine Freude mit.

Die Alte Brücke mit Schloss und Königsstuhl

Foto: Sir Gawain

Auch im 20. Jahrhundert bleibt die romantische Stadt en vogue. Tucholsky widmet ihr in einem seiner Gedichte mit milder Ironie ein paar Zeilen, der amerikanische Schlagersängerin Peggy March pflanzt die Stadt in der 1960er-Jahren mit ihrem Hit Memories of Heidelberg tief und trivial ins kollektive Gedächtnis und in den 1990er-Jahren lassen die beiden Autoren Thomas Meinecke in seinem Roman Tomboy, der im Heidelberger Unimilieu spielt, und Bernhard Schlink in seinem Bestseller Der Vorleser ganz viel Lokalkolorit in ihre Werke einfließen.

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